Die allgemeine Impfpflicht wird kommen!? (Teil 2)

Eine Generalabrechnung in drei Teilen

von Tarek Schwarz
(Foto: Die SPD während „Delta“ – Quelle: imago images)

Dies ist der zweite Teil einer dreiteiligen Reihe, die sich kritisch mit dem Beschlusspapier von Bund und Ländern befasst. Er beschäftigt sich mit den neuen Vereinbarungen, die Bund und Länder umsetzen möchten. Den ersten Teil der Generalabrechnung können Sie hier lesen.

Neue Vereinbarungen

Im Folgenden listen Bund und Länder die Punkte auf, die nun endlich zum „Sieg über das Virus“ führen sollen:

„1. Die neue Virus-Variante überträgt sich sehr leicht von Mensch zu Mensch. Daher ist es wichtig, in geschlossenen Räumen und beim Zusammentreffen mit anderen Personen FFP2-Masken zu tragen. Sie sind besonders wirksam dabei, Ansteckungen zu verhindern. Beim Einkaufen in Geschäften und bei der Nutzung des Öffentlichen Personennah- und –Fernverkehrs wird die Verwendung von FFP2-Masken dringend empfohlen.“

Ein ehemaliger Unternehmerkollege meinerseits wütete einmal in einem Streitgespräch und sagte, dass über den Nutzen der Maske nicht mehr zu diskutieren sei. Man könne unmöglich daran zweifeln, dass die Maske einen großen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leiste. Wer das dennoch tue, mache sich lächerlich, da allein das Zurückhalten der Aerosole eine Reduktion der Übertragungen zufolge habe. Das scheint die Ansicht der meisten Menschen zu sein, wenn es um Masken geht. Ein Hinterfragen dieser Ansicht galt und gilt den Verfechtern der Maske als zweifelsfreier Beweis für die geistige Nähe zu „Schwurblern“ und „Querdenkern“.  Das Ausmaß der psychosozialen Schäden einer Maskenpflicht, das mittlerweile an allen Ecken und Enden sichtbar ist, wird hier konsequent außer Acht gelassen, ebenso wie ein ausbalancierter Blick auf die Studien zur Schädigung des Körpers durch die Maske. Stichhaltige Belege für eine Verordnung, die „längst funktioniert“? Fehlanzeige. Abgleich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, die der eigenen Erzählung widersprechen? Keine Chance. Stattdessen gilt nach wie vor, dass alle eine Maske aufsetzen müssen, wenn Bund und Länder das verlangen. Dass das dem angeblichen Schutznarrativ gewaltig widerspricht, lädt beinahe zum Schmunzeln ein.

Man stelle sich folgende Aussage eines so genannten „Vollimmunisierten“ vor: Ich bin doppelt geimpft, zweifach geboostert, negativ getestet und symptomfrei – ABER, weil ich so ein solidarischer Mensch bin, setze ich natürlich weiterhin die Maske auf, um andere zu schützen. Kann man die Lächerlichkeit dieses gesamten Vorgehens noch deutlicher beschreiben? Ein Mensch, der alles dafür getan hat, nach den Maßstäben des Staates als „gesund“ zu gelten, ein Mensch, der sich regelmäßig eine Bescheinigung darüber ausstellen lässt, dass er topfit ist – dieser Mensch fühlt sich nach zwei Jahren der Gehirnwäsche dazu verpflichtet, andere Menschen vor etwas zu schützen, das er nicht hat. Faszinierend. Die Maske dient hier nicht als Gesundheitsschutz, sondern als sozialpolitische Bekenntnis. Nicht die Gefahr durch das Virus ist entscheidend, sondern die Gefahr, aus einer Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden, die sich allein darüber definiert, in puncto „Gesundheitsschutz“ das „Richtige“ zu tun.

Das Argument, das sich hinter der Auffrischungsstrategie verbirgt, nennt sich „endlose Regression“. Dabei ist es völlig egal, wie viele Stiche und Immunitätsnachweise sich ein Mensch abholt. Es bleibt immer ein Restrisiko, das ausreicht, um auch dem Bestimmunisierten zu erzählen, dass er zu einer Gefahr für sich und seine Umwelt wird, sollte er sich nicht ein weiteres Mal piksen lassen. Die Frage, die uns an dieser Stelle ganz besonders interessieren sollte, ist: Wie lange werden die Menschen sich das gefallen lassen, bevor sie endgültig begriffen haben, dass der Staat sie auf diese Weise nie von der Leine lässt?

Die Beerdigung der Logik

„2. Es bleibt weiterhin notwendig, die Kontakte auch bei privaten Zusammenkünften deutlich zu reduzieren. Die bestehende Regel, dass private Zusammenkünfte von Geimpften und Genesenen mit maximal 10 Personen erlaubt sind, bleibt bestehen. Für nicht geimpfte und nicht genesene Personen gilt weiterhin: Es dürfen sich lediglich die Angehörigen des eigenen Haushalts sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes treffen. Kinder bis zur Vollendung des 14 Jahres sind jeweils ausgenommen.“

Kann sich jemand an die Begründung erinnern, weshalb sich ausgerechnet Geimpfte und Genesene nur zu zehnt treffen dürfen? Wenn Geimpfte (die Booster-Bürger eingeschlossen) laut Erzählung geschützt sind, was genau ändert sich dann durch die Anwesenheit einer 11. Person? Was werden sich wohl die Experten gedacht haben, als sie beschlossen: Also 10 Leute – das geht noch in Ordnung, aber ab dem 11. wird’s wieder brandgefährlich für alle! Ah, wir erinnern uns, die doppelt Geimpften sind gegen Omikron nicht mehr „vollständig“ geschützt. Leider fehlt es hier wiederum an gut belegten Zahlen, denn wie sehr Geimpfte und Genesene nun durch Omikron gefährdet sind, das weiß niemand so genau.

Wenn Geimpfte und Genesene zur glücklichen Gruppe derer gehören, die sich nun zu zehnt treffen dürfen, stellt sich obendrein die Frage, warum die Geimpften sich haben impfen lassen, wenn ihr öffentlicher Status dem der Genesenen gleichgesetzt wird. Inwiefern ist die Immunität eines Genesenen mit der eines Geimpften zu vergleichen, und warum sollte der Genesene sich nach Ablauf seines „Status“ trotzdem impfen lassen, wenn er doch bis dahin genau dieselben Freiräume und „Privilegien“ genießen durfte wie Geimpfte? Warum wird der Antikörperstatus von Genesenen bislang nicht in die offizielle Gefahreneinschätzung einbezogen? Und inwiefern unterscheidet sich ein kerngesunder Ungeimpfter von einem kerngesunden Geimpften, wenn der eine mit einem Stoff geimpft ist, der gegen die aktuelle Variante gar nicht hilft und der andere gesund geblieben ist, gänzlich ohne diese Impfung empfangen zu haben?

Eines steht fest: Je weiter dieses Spiel getrieben wird, desto verzwickter wird es. Wie wird die Erklärung für unverhältnismäßige Grundrechtseinschränkungen wohl in ein paar Monaten lauten? Überspitzt formuliert wahrscheinlich so:

„Bürger mit einem Doppel- und Dreifachbooster dürfen sich in den Sommermonaten in Gruppen zu maximal 10 Teilnehmern zusammenfinden, während aktuell als ungeimpft geführte Bürger, also solche, denen keine, lediglich eine, zwei oder drei Impfungen verabreicht wurden, aufgrund der 1000-mal ansteckenderen Lapislazuli-Variante nur noch im kleinen Kreise zusammenkommen dürfen – bleiben Sie solidarisch!“

Vielleicht ist es vergebene Liebesmüh, hier nach einer logischen Begründung zu suchen, da es sich schlicht um einen weiteren Akt der Willkür handelt, den wahrscheinlich kein Verantwortlicher vernünftig begründen kann. Wie uns die Positivergebnisse nach der so genannten 2G-Disco in Münster und etliche Studien eindrucksvoll gezeigt haben, sind Geimpfte und Genese ebenfalls ansteckend und können erkranken, weshalb die beschriebene Obergrenze für Zusammenkünfte nur eins ist: Unsinn. Wenn unter 10 Menschen einer infektiös ist und andere ansteckt, ändert sich das nicht, sobald ein Elfter hinzukommt, außer, dass er sich ebenfalls anstecken kann. Und selbst dann ist nicht gesagt, dass er sich tatsächlich ansteckt, welchen Verlauf er haben wird, ob er ins Krankenhaus muss, oder ob er genügend vermehrungsfähiges Virusmaterials ausstößt, um andere anzustecken.

Überdies flattert die Frage umher: Warum werden Kinder vor dem 14. Lebensjahr davon ausgenommen? Gibt es ernstzunehmende Ergebnisse, die belegen, dass Kinder und Jugendliche in größeren Gruppen weniger infektiös sind? Wenn ja, warum war es diesen Kindern unter schlimmster Angstmache verboten, ihre Großeltern und die Schule zu besuchen? Hieß es nicht bis vor kurzem, dass Kinder ihre Großeltern unabsichtlich umbringen [sic!] könnten, wenn sie sich nicht an die „neuen Regeln“ halten? Das scheint nun vorbei zu sein, denn Bund und Länder haben sich noch nicht dazu entschließen können, auch das Alter der sich Versammelnden in ihre Vorschriften einzukalkulieren. Also Kinder, besucht eure Großeltern guten Gewissens und geht mit ihnen an die frische Luft!

Trotz ad absurdum geführter G-Regeln muss die Bundesregierung natürlich an ihrem Kurs festhalten und sämtliche Ungeimpften nach wie vor einiger essenzieller Grundrechte berauben. So sei nach

„Punkt 3 der Zugang zu Einrichtungen und Veranstaltungen der Kultur- und Freizeitgestaltung (Kinos, Theater, etc.) sowie zum Einzelhandel (Ausnahme sind Geschäfte des täglichen Bedarfs) inzidenzunabhängig nur für Geimpfte und Genesene (2G) möglich.“

Auf Deutsch heißt das zweierlei: Ungeimpfte müssen weiterhin draußen bleiben und Geimpfte sowie Genesene haben auch bei hohen Inzidenzen Zutritt, völlig unabhängig von der Tatsache, dass sie weiterhin erkranken und andere anstecken können. Die Inzidenzwerte sind auf diese Weise einmal mehr als wertlos enttarnt, werden aber noch immer als wichtig propagiert und pauschal den Ungeimpften zugeschrieben, obwohl diese laut Verordnung gar keinen Zutritt haben.

Menschen, die ein solches Statistikdebakel zur Lösung verklären, sei an dieser Stelle Walter Krämers Buch empfohlen: So lügt man mit Statistik.

Doch Bund und Länder versalzen auch den doppelt Geimpften die Suppe – und das im beinahe wahrsten Sinne des Wortes, denn auch Geimpfte, die sich bislang keinen dritten Schuss abgeholt haben, kommen fortan nur noch mit einem tagesaktuellen Test in die Gastronomie. Man darf sich zwar mit 10 Leuten im eigenen Haushalt treffen, aber für ein romantisches Tête-à-Tête beim Italiener braucht es nunmehr einen Zusatzschein, damit man in den Augen der Bundesregierung nicht zu den Unsolidarischen zählt. Das verstehe, wer kann. Die Frage, die jetzt kommt, kennen wir bereits: Wie lange lassen sich die Geimpften das wohl klaglos gefallen?

Der Wortlaut des fünften Punktes könnte manch einen zum Stirnrunzeln animieren, denn dort heißt es, Bund und Länder werden auf Bars und Kneipen „ein besonderes Augenmerk“ haben, da die Gefahr einer Ansteckung dort besonders hoch sei. Dieser Punkt hat es in sich. Wer das fürsorglich klingende Staatsdienerdeutsch nicht versteht, dem sei mit einer Übersetzung ins Normaldeutsche geholfen: An die Besitzer von Bars und Kneipen: Wir kontrollieren und überwachen euch bis zum Umfallen und ahnden jede Zuwiderhandlung rigoros mit Bußgeldern und Schließungsbefehlen, also bildet euch nicht ein, gegen unsere Befehle zu handeln, denn das kommt euch teuer zu stehen. Wer schon einmal maskenfrei einen Fuß auf den Außenbereich eines guten Cafés gesetzt hat und daraufhin von einem panischen Gastronomen harsch des Platzes verwiesen wurde, da dieser sich nach etlichen Monaten der Pleite keine Strafe durchs Ordnungsamt leisten kann, der weiß, dass diese Strategie hervorragend funktioniert.

Selbstverständlich bleiben auch Clubs und Discotheken geschlossen, da auch diese Orte angeblich höchst infektiös sind. Aber Bund und Länder bleiben den Besitzern dieser Vergnügungsstätten nach wie vor eine wichtige Sache schuldig: Einen felsenfesten Beweis dafür, dass Bars, Restaurants und Discos tatsächlich so gefährlich sind, wie ununterbrochen behauptet wird. Es gibt keinen einzigen Beweis für diese These, und so taugt sie auch nicht zum Argument, sondern bleibt eine schlichte Behauptung. Nichtsdestotrotz forcieren Bund und Länder mit dieser Begründung nun ein weiteres Mal eine Existenzvernichtung, die in keinem Verhältnis zu ihren ehrenwerten Zielen steht. Wer einen Musiker, Schauspieler oder Gastronomen kennt, der mit Leib und Seele für das brennt, was er tut, dem ist bewusst, welche grausamen Folgen ein solcher Beschluss für den Einzelnen hat. Zwar können unsere Volksvertreter mit wohlfeilen Floskeln beteuern, wie leid ihnen all das tut, aber in Wirklichkeit mutet es immer öfter danach an, als interessieren sie sich nicht im Geringsten für die Frage nach der Verhältnismäßigkeit oder dafür, wie weit die Folgen ihres Handelns tatsächlich reichen.

Am Ende werden unzählige weitere Künstler ihre Einkünfte verlieren und zahllose Bars und Kneipen ihre Tore schließen – und das selbstredend im Namen der Gesundheit. Viele dieser Menschen werden sich im Nachhinein einreden müssen, dass es nicht anders ging, denn alles andere wäre zu schmerzhaft. Wenn nichts anderes bleibt als die Flucht in den Gedanken, dass der eigene wirtschaftliche Ruin verkraftbar sei, weil er schließlich im Kampf für eine gute und wichtige Sache passiert ist, dann ist das die letzte Stufe einer unheilbaren Selbstverleugnung, gegen die auch das beste Argument machtlos bleibt.

Definitionssache

„Entsprechend der Empfehlung des Expertenrats werden Bund und Länder für ein ausgewogenes Konzept zur Isolation von Erkrankten und zur Quarantäne von Kontaktpersonen sorgen.“

So heißt es in Punkt 8. Wer diesen kleinen Abschnitt genau liest, stellt sich im Anschluss folgende Frage: Wen meint die Bundesregierung, wenn sie von „Erkrankten“ spricht? Sofern sich der Leser noch an den Beginn des ersten Teils erinnert oder selbst gut genug informiert ist, wird er wissen, dass die Bezeichnung „Erkrankte“ irreführend ist. Da Bund und Länder nicht differenzieren, kann man getrost davon ausgehen, dass das Wort „Erkrankte“ hier synonym für „Infizierte“ genutzt wird, und das „Infizierte“ jene mit einem positiven Testergebnis sind, das wiederum auf Tests beruht, die gar nicht dazu in der Lage sind, zweifelsfrei eine Infektion nachzuweisen. Kurz: Bund und Länder meinen höchstwahrscheinlich positiv Getestete und vermischen damit ganze Menschengruppen, die unbedingt getrennt betrachtet werden müssen: Positivtests sind nicht gleich Infektion und ein Erkrankter ist erst dann erkrankt, wenn er deutliche Symptome zeigt. Ein positiv Getesteter ohne Symptome ist das, was man in grauer Vorzeit mal einen Gesunden nannte, ohne dass er aufgrund eines abstrakten Medizinwertes zu zwei Wochen häuslicher Isolation verbannt wurde. 

Kommen wir nun zu einem der entscheidendsten Punkte in der aktuellen Beschlussvorlage: Punkt 10. Dort steht:

„Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder halten angesichts der Notwendigkeit, eine hohe Impfquote zu erreichen, eine allgemeine Impfpflicht für nötig. Sie bekräftigen ihre dazu gefassten Beschlüsse vom Dezember 2021. Die Länder gehen davon aus, dass dazu bald ein Zeitplan für die entsprechende Gesetzgebung vorliegen wird.“

Ja. Ganz genau. Die infame Verschwörungstheorie einer Impfpflicht, der Sachsens Ministerpräsident Kretschmer letztes Jahr noch „entschieden entgegentreten“ wollte, ist im Januar 2022 politischer Konsens. Auch unser aller Ex-Gesundheitsbanker Jens Spahn, der dem Volk versicherte, dass es keine Impfpflicht geben werde, dürfte nun froh sein, dass er nicht mehr im Amt ist und sich nicht für ein weiteres, leeres Versprechen entschuldigen muss. Unser neuer Finanzminister Christian Lindner hingegen war noch vor kurzem von der Unverhältnismäßigkeit einer Impfpflicht überzeugt und entpuppt sich nunmehr als unfreiheitlich-illiberales Fähnlein im Regierungswind, das sich nicht zu schade ist, eine Impfpflicht zu befürworten.

Man verzeihe mir einen bissigen Kommentar: Was haben doch gleich die Demonstranten auf den Großdemos befürchtet? Wovor haben all diese Leute doch gleich gewarnt? War es nicht eine kommende Impfpflicht, war es nicht die Einführung digitaler Überwachungssoftware, war es nicht die langfristige Beschneidung von Grund- und Freiheitsrechten? Ja, all das lag bereits im letzten Jahr in der Luft. Viele Menschen, die diese Voraussicht öffentlich vertraten wurden deswegen ins Abseits gedrängt und fortan mit allerlei Begriffen belegt, mit denen man problemlos ein ganzes Diffamierlexikon füllen könnte. Bis zum heutigen Tage haben weder Politiker noch Leitmedien die Größe, das zuzugeben und die Sorgen dieser Menschen ernst zu nehmen. Stattdessen treiben sie im Namen der „Gesundheit“ einen Keil ins Volk und scheuen sich nicht, eine Zweiteilung vorzunehmen, die keiner ernsthaften Analyse standhält.

Ein Kommentar zu „Die allgemeine Impfpflicht wird kommen!? (Teil 2)

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