Nach der Teilnahme an einer Trump-Rallye wurde mir klar, dass Demokraten nicht bereit sind für 2020

Foto: Boston Globe/Getty Images

von Karlyn Borysenko

Ich bin seit 20 Jahren Demokratin. Aber diese Erfahrung hat mir klar gemacht, wie realitätsfern meine Partei mit dem ganzen Land ist.

Ich denke, diejenigen von uns auf der linken Seite müssen einen langen Blick in den Spiegel werfen und ein ehrliches Gespräch darüber führen, was los ist. Wenn Sie mir vor drei Jahren gesagt hätten, dass ich jemals an einer Donald Trump-Rallye teilnehmen würde, hätte ich gelacht und Ihnen versichert, dass dies niemals passieren würde. Wenn Sie mir gesagt hätten, ich würde es vor drei Monaten tun, hätte ich wahrscheinlich das Gleiche getan. Wie fand ich mich unter mehr als 11.000 Trump-Anhängern in Manchester, New Hampshire, wieder? Ob ihr es glaubt oder nicht: Alles begann beim Stricken.

Die Welt des Strickens ist weitgehend unpolitisch, möchte man meinen. Aber mit dem Vorurteil würde man sich gewaltig täuschen. Viele Strickerinnen und Stricker engagieren sich stark für soziale Gerechtigkeit und diskutieren über die Rolle, die Strickerinnen und Stricker in unserer Kultur gespielt haben. Ich stricke zur Entspannung und um dem Alltagsstress zu entfliehen. Aber seit etwa einem Jahr fällt mir auf, wie Horden von SJWs online jedem in der Strickerszene die Hölle heiß machen, der ihrer Ideologie nicht in allen Punkten bis ins Detail folgt.

Auf Instagram wurden Strickstars von Hunderten Leuten wegen Vergehen, die mir harmlos erschienen, schikaniert und gemobbt. Ein Mann wurde derart tyrannisiert, dass er einen Nervenzusammenbruch erlitt und mit Verdacht auf Selbstmordgefährdung ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Dieser Hass war unerträglich. Seit ich dermaßen toxisches Verhalten von Menschen erlebt habe, auf deren Seite ich mich eigentlich wähnte, ist die Welt für mich nicht mehr dieselbe.

Ich gehörte zu den Demokratinnen, in deren Augen jeder Trump-Wähler ein Rassist ist. Ich dachte, das sind alles schreckliche und erbärmliche Menschen und tat alles, um sie aus meinem Umfeld zu verbannen. Ich entfreundete und blockierte jeden, der auch nur irgendetwas Positives über Trump äußerte. Ich schaute viel MSNBC und war überzeugt, dass Trump in seinem ganzen Leben nur furchtbare Dinge getan hat. Dass er jeden hasst, der kein heterosexueller weißer Mann ist.

Aber als ich sah, wie viel Hass in der winzigen Nische der Stricker von der linken Seite kam, begann ich, vieles in Frage zu stellen. Ich nahm mir vor, meine Echokammer zu verlassen und Leuten zuzuhören, von denen ich annahm, sie würden eine andere Meinung als ich haben. Ich wollte ihre Sichtweise verstehen und herausfinden, ob sie wirklich jeden verachten, der nicht wie sie ist. Davon war ich anfangs fest überzeugt.

Es stimmte aber nicht. Je mehr Stimmen von außerhalb der politischen Linken ich mir anhörte, umso mehr wurde mir klar, dass das keine bösartigen Menschen sind. Es sind keine Rassisten oder Nazis. Wir hatten Meinungsverschiedenheiten in sozialen und wirtschaftlichen Fragen, aber eine andere Meinung macht jemanden nicht zum Unmensch. Viele konnten ihre Ansichten mit Argumenten begründen – anders als bei dem Geschrei und den Wutausbrüchen, die ich aus meiner eigenen politischen Ecke kannte.

Ich entdeckte die WalkAway-Bewegung. Ich hatte von #WalkAway gehört, als MSNBC mir erzählte, das sei alles Fake und ein Haufen russischer Bots. Aber dann lernte ich immer mehr echte Menschen kennen, die Demokraten gewesen waren und sich dazu entschlossen hatten, die Partei zu verlassen, weil sie das Gebaren der Linken nicht länger ertragen konnten. Ich trat der Facebook-Gruppe der Community bei und las jeden Tag die Geschichten von Menschen, die erzählten, warum sie den Demokraten den Rücken kehrten. Das waren keine Fakes. Diese Menschen sind keine russischen Bots. Außerdem fühlte es sich wie ein frischer Luftzug an. In dieser Gruppe waren nicht alle derselben Meinung – einige unterstützten Trump, andere nicht –, aber sie unterhielten sich und tauschten ihre Ansichten aus, ohne zu kreischen, ohne Wut und ohne sich gegenseitig zu mobben.

Ich fing an, buchstäblich alles in Frage zu stellen. Wie viele von all den anderen Geschichten, die mir aufgetischt worden waren, stimmten ebenfalls nicht? Was, wenn die Gegenseite ganz anders ist, als ich dachte? Kann es wirklich sein, dass das halbe Land aus unverhohlenen Rassisten besteht? Gibt es das Trump-Derangement-Syndrom möglicherweise tatsächlich und war ich in den letzten drei Jahren davon befallen?

Und vielleicht am wichtigsten: Habe ich Trump so sehr verabscheut, dass ich mein eigenes Land vor die Hunde gehen sehen wollte, nur damit er und seine Anhänger nichts mehr zu lachen haben?

Ich habe fast jeden Kandidaten der Demokraten persönlich erlebt. Was mir aufgefallen ist: Ihre Botschaften waren fast durchgängig von Untergangsstimmung und Schwarzmalerei geprägt. Sie stellten nicht in den Vordergrund, was sie alles anders als Donald Trump machen würden, sondern betonten vor allem, was für ein grauenhaft rassistischer Ort unser Land ist.

Nun gibt es echte Rassisten und echte Nazis, aber ich erkannte zunehmend, dass diese Bezeichnungen bei den meisten Trump-Anhängern einfach nicht zutreffen. Trotzdem wollte ich es unbedingt genauer wissen.

Um ehrlich zu sein, war ich ganz schön nervös, also beschloss ich, meinen Tag auf vertrautem Territorium zu beginnen: bei einer MSNBC-Livesendung, die einige Blocks von Trumps Kundgebung entfernt stattfand.

Im Gespräch mit den Leuten bei der Aufzeichnung erwähnte ich beiläufig, dass ich mir überlegte, rüber zur Versammlung von Trump zu gehen. Die ersten Reaktionen waren große Angst um meine Sicherheit. Viele warnten mich eindringlich davor, diesen Leuten zu nahe zu kommen. Eine Frau sagte mir, ich würde es dort mit dem allerletzten Abschaum zu tun bekommen. Ein Mann erzählte, er wäre schon einmal auf einer von Trumps Kundgebungen gewesen und dort von großen, muskelbepackten Männern drangsaliert worden. Eine andere Frau bot mir ihr Pfefferspray an. Ich versicherte ihnen, dass ich schon zurecht kommen und mich notfalls einfach aus dem Staub machen würde.

Sie wussten nicht, dass einige meiner eher rechtsgerichteten Freunde im Internet ebenfalls Angst um meine Sicherheit zum Ausdruck gebracht hatten. Allerdings nicht wegen der Teilnehmer der Kundgebung. Am Tag zuvor war ein Mann mit seinem Auto durch ein Wählerregistrierungszelt der Republikaner in Florida gebrettert und viele fürchteten, dass ein Wiederholungstäter einen ähnlichen Anschlag durchführen oder dass die Antifa aus Boston anreisen könnte. Genau wie meinen linken Freunden versicherte ich ihnen, dass mir schon nichts passieren würde, weil es in New Hampshire im Grunde keine Antifa gibt.

Ich machte mich also auf den Weg. Mehr als anderthalb Stunden vor Einlass – das waren vier Stunden, bevor Trump die Bühne betreten sollte – war die Warteschlange bis zum Eingang der Arena bereits mehr als einen Kilometer lang. Beim Anstehen unterhielt ich mich mit den Leuten. Entgegen sämtlicher Befürchtungen waren alle unheimlich nett. Ich wurde nicht belästigt oder bedroht und fürchtete nie auch nur eine Sekunde lang um meine Sicherheit. Das waren lauter ganz normale Leute. Veteranen, Lehrer und Kleinunternehmer, die von überall her gekommen waren, um an dieser Kundgebung teilzunehmen. Sie waren gut gelaunt und freuten sich auf das Event. Bei meinen Gesprächen ließ ich sogar durchblicken, dass ich eine Demokratin bin. Die Antwort: „Schön für Dich! Herzlich willkommen!“

Drinnen herrschte eine enthusiastische Atmosphäre. Es war eher wie bei einem Rockkonzert als bei einer politischen Kundgebung. Die Leute amüsierten sich prächtig. Einige tanzten sogar zu der Musik, die aus den Lautsprechern kam. Es war ganz anders als jede andere politische Veranstaltung, an der ich jemals teilgenommen hatte. Selbst 2008 bei Barack Obama lag nicht so viel Energie in der Luft.

Nur zwei Tage zuvor hatte ich eine Veranstaltung mit allen Kandidaten der Demokraten in derselben Arena besucht. Der Kontrast könnte nicht krasser sein. Zunächst mal füllte Trump die Arena bis auf den letzten Platz. Obwohl alle bekannten Kandidaten gemeinsam dort waren und jede Menge Freikarten verschenkt wurden, hatten die Demokraten das nicht geschafft. Bei Trump waren alle auf ein gemeinsames Ziel eingeschworen. Bei den Demokraten buhte das Publikum Kandidaten aus, die es nicht mochte und verschiedene Gruppen brüllten sich wütend gegenseitig an. Bei Trump blicke man mit Optimismus in die Zukunft. Bei den Demokraten wurde alles in den schwärzesten Farben gemalt. Bei Trump waren die Leute stolz, Amerikaner zu sein. Bei den Demokraten bestanden alle darauf, das Land sei vom Scheitel bis zur Sohle ein rassistisches Loch.

Trump betont natürlich nur die positiven Seiten seiner Präsidentschaft. Und er lügt auch, das ist erwiesen. Aber die Kraft dieser Kundgebung lag nicht in den Fakten und Zahlen. Die Menschen hier hatten das Gefühl, jemanden auf ihrer Seite zu haben, der für sie kämpft. Kritiker würden vielleicht sagen: „Natürlich empfinden die so. Die sind in einer Sekte.“ Ich glaube nicht, dass das stimmt. Viele, mit denen ich gesprochen habe, stimmen Trump nicht immer zu. Seine Attitüde missfällt ihnen. Sie wünschten, er würde nicht so viel twittern. Sektenmitglieder stellen ihren Führer nicht in Frage. Die Leute, mit denen ich gesprochen habe, taten das schon, aber das Positive überwiegt in ihren Augen bei weitem das Negative. Sie mögen Trump nicht, weil sie ihn für perfekt halten. Sie lieben ihn trotz seiner Fehler, weil sie glauben, dass er ihnen niemals in den Rücken fallen wird.

Als ich die Versammlung verließ und an Tausenden von Menschen vorbeikam, die die Veranstaltung auf einem gigantischen Bildschirm außerhalb der Arena verfolgt hatten, weil drinnen kein Platz mehr frei war – da wusste ich, dass Trump im November auf keinen Fall verlieren wird. Absolut keine Chance. Ich bin fest davon überzeugt, dass es überhaupt keine Rolle spielt, welchen Kandidaten die Demokraten nominieren. Trump wird den Boden mit ihm aufwischen. Wenn ihr mir nicht glaubt, dann geht selbst zu einer seiner Kundgebungen und seht es euch an. Keine Sorge, die Leute tun euch nichts.

Heute habe ich bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei in New Hampshire für Pete Buttigieg gestimmt. Ich glaube wirklich, dass Pete für dieses Land großartig wäre und vielleicht bekommt er in Zukunft nochmal seine Chance. Aber morgen werde ich meine Wählerregistrierung von Demokratisch auf Unabhängig ändern und mich von der Partei verabschieden, der ich 20 Jahre lang angehört habe.

Ich glaube, die Demokraten werden im November einen riesigen Arschtritt kriegen. Und ich glaube, die meisten von ihnen rechnen überhaupt nicht damit, weil sie in einer Echokammer leben, die für die Realität im Land wenig repräsentativ ist. Ich hoffe, es ist ein Weckruf, der sie dazu bringt, einen langen Blick in den Spiegel zu werfen und sich wirklich zu fragen, wie sie hierher gekommen sind. Vielleicht hören sie dann zu. Ich neige dazu, daran zu zweifeln, aber ich kann hoffen.

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