„Sobald mehr als die Hälfte der Bevölkerung eines Landes ihr Einkommen ganz oder teilweise vom Staat bezieht, ist eine Umkehr auf dem Weg in die Knechtschaft nicht mehr möglich. Die Stallgefütterten wollen und können auf ihren Futtermeister nicht mehr verzichten. Ihr Schicksal ist dann vorgezeichnet: Füttern, melken, schlachten.“ (Roland Baader)
Im Klartext heißt dies, dass aus existenzieller „Notwendigkeit“ heraus die sich sukzessive in ihrem Volumen erhöhende Beimischung der letzten Zutat (schlachten) stillschweigend geschluckt, akzeptiert und toleriert wird – entsprechend dem Zeitgeist. „Vor der physischen Vernichtung kommt die psychische“, stellt Tobias Reiss richtigerweise fest. Das Säen wird aufgrund der Früchte, die die objektive Realität aktuell hervorbringt, zurückgefahren (nicht abgestellt), das Ernten stattdessen flächendeckender betrieben. Mit einem Grinsgesicht. Irgendwo.
„Alleine mit Terrorwarnungen ohne Terror kann man ein Land lahmlegen und jede Veranstaltung verhindern“, erklärt Christoph Widenhorn korrekterweise und weist damit implizit auf die mittlerweile nicht mehr nur schleichende Zersetzung einer (westlichen) Lebensweise hin, die selbst ohne regelmäßige Explosionen o.Ä. als solche bezeichnet werden muss. Eine Lebensweise nämlich, die nur noch unter Aufbringung des gesamten polit-medialen Propaganda-Apparates sowie immer größerer Polizeiaufgebote (scheinbar) „freiheitlich“ und „sorgenlos” im öffentlichen Raum gelebt wird, ist bereits eine andere. Eine schlechtere.
Sich dies nicht einzugestehen und vermeintlich so zu leben, als würde hinsichtlich kultureller bzw. physischer Umwälzungen rein gar nichts um einen herum geschehen, was die Bezeichnung „Paradigmenwechsel“ verdiente, kann auf der einen Seite sicherlich als feige, verkommen oder selbstbetrügerisch erkannt, um nicht zu sagen bloßgelegt werden. Andererseits aber auch als bockig. Bockige Sturheit. Diese ist dabei entweder das Resultat der insgeheimen Selbstentlarvung, wonach man mit so gut wie allen Theorien und Erklärungen zur aktuellen gesellschaftlichen Umwälzung falsch lag (während jene Theorien und Erklärungen selbst bereits eine veränderte Lebensweise voraussetzen!), und somit in eine quasi-pubertäre, aber auch gefährliche, da selbstzerstörerische „Jetzt-erst-recht“-Haltung floh, die sich dann zum Beispiel dadurch äußert, man würde sich „unsere Lebensweise nicht nehmen lassen“. Wie viele Tote und Verletzte kostete diese aus Selbstbetrug und Naivität hervorgehende Lebensweise bisher?

Bockige Sturheit kann allerdings ebenso das Resultat vernunftbegabter Wesen sein, welche ihren Ekel und ihre Wut gegenüber einer für alles Leid verantwortlichen Politkaste samt deren Anhängern in täglichen Anflügen von Nostalgie – so gut es geht – verdrängen und untereinander „Trost“ suchen. Nie wurden sie gefragt, ob sie mit alldem einverstanden seien. Nie wurden sie gefragt, ob sich ihrer investierten Lebenszeit in Form von Geld habhaft gemacht werden dürfe. Sezedierte und niemanden in irgendeiner Form einschränkende Unabhängigkeit untersagt(e) ihnen das Gewaltmonopol ebenso rigoros wie das Kappen der Finanzierung des Paradigmenwechsels – vorausgesetzt, besagte rationale Wesen entscheiden sich dazu, an jenen Orten zu verweilen, die in Wahrheit kaum noch etwas mit ihrer einstigen Heimat gemein haben. Nur eine vom System selbst gepflegte Logik deklariert diese Vergewaltigung jedweder Ethik, diesen beispiellosen Raub einer harmonischen Zukunft in Deutschland für x Generationen, diese ohne jede Not getätigte Entwertung aller Werte als „freiheitlich“, „demokratisch“ und „Ordnung“. In Wahrheit handelt es sich gemäß der „ewigen Wiederkunft des Gleichen“ (Nietzsche) um dieselben, seit jeher folgelogischen Kennzeichen und Auswüchse kollektivistischer Staatstheorie und -praxis; und damit des Totalitarismus.
Eine der größten Errungenschaften der den Kollektivismus in unterschiedlich etikettierten Varianten propagierenden Philosophie der angeblichen Alternativlosigkeit besteht darin, deren Anhänger zu ihren erbittertsten Apologeten, sprich Verteidigern zu erziehen. Ihnen aber gleichzeitig den unumstößlichen (Aber-)Glauben einzuimpfen, für Freiheit und Gerechtigkeit einzustehen, sofern sie für Kollektivismus einstehen. Weil auf dem Etikett eben nicht „Kollektivismus“ steht (sondern beispielsweise „Demokratie“). Selbst wenn, wäre es vermutlich egal.
Freilich betrifft dieses Phänomen nicht nur Deutschland und freilich betrifft es andere Länder noch exzessiver und verheerender als Deutschland. Die Geschwindigkeit katastrophaler Umwälzungen, und wie sie sich in Teilen Westeuropas und damit insbesondere Deutschlands seit geraumer Zeit gebärdet, dürfte allerdings einzigartig sein. Niemand sei „mehr Sklave als der sich für frei hält, ohne es zu sein“, wusste Goethe und beschreibt damit vergangene wie gegenwärtige, im Grunde nicht wiederkehrende, sondern niemals wechselnde Realitäten. „Der Sklave will nicht frei werden. Er will Sklavenaufseher werden“, ergänzte Gabriel Laub ebenso weise wie beobachtbar.
Machen Sie sich keine Illusionen, sollten Sie Individualist sein, der aus einem Geschichtsbewusstsein, gepaart mit elementarem Ökonomie- und Mathematikverständnis (insbesondere Statistik) heraus logische Handlungen und damit Konsequenzen ableitet, die sich ein ums andere Mal in der objektiven Realität bewahrheiten. Umso umfangreicher werden Sie gemieden werden. Aus demselben Grund, warum der Überbringer schlechter Nachrichten bereits in früheren Jahrhunderten nicht selten getötet wurde (statt der Verursacher schlechter Nachrichten). Sprecher, welche beispielsweise negative Auswirkungen sozioökonomischen Handels äußern, werden signifikant negativer eingeschätzt, d.h. die negativen Merkmale der Nachricht werden auf die Sprecher der Nachricht selbst übertragen. In diesem Zusammenhang ist das berühmte Zitat von Kurt Tucholsky evident:
„Im Übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.”
Noch werden die (richtig liegenden) Überbringer dabei nicht (wieder) getötet, stattdessen gezielt isoliert, öffentlich denunziert (indem ihnen z.B. Aussagen, die sie nie tätigten, in den Mund gelegt werden etc.), beruflich ruiniert oder allgemeinhin irgendwie mit Wahnsinn in Verbindung gebracht, um das Scheitern eigener Theorien zu kaschieren, beispielsweise, dass eine bedingungslos offene Gesellschaft a priori zu mehr Frieden und Wohlstand führe. Man wird sich von Ihnen abwenden. Familienmitglieder, Freunde, Arbeitskollegen, es spielt keine Rolle. Man möchte die brutale Wahrheit nicht in der eigenen Komfortzone, in der das, was um einen geschieht, argumentativ längst mit dem Rücken zur Wand stehend, als „unbegreiflich“ ad acta gelegt werden muss, stattdessen man sich selbst zur Huldigung barbarisch konnotierter Gebilde verdammte, die in schaurig-beeindruckender Weise kollektivistische Gesellschaftsingenieurskunst zur Schau stellen.