Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als ich Camus‘ herausragendes Werk im Frühjahr 2005 zum ersten Mal las und auf gleichsam erfreuliche wie ernüchternde Weise wie vom Donner gerührt wurde. Konnte es tatsächlich sein, dass da ein Philosoph in meinen Kopf zu blicken schien und eigene Ansichten zum Dasein so exakt auf den Punkt brachte – noch präziser als Schopenhauer oder Nietzsche –, dass ich meine ersten Texte diesbezüglich wie Plagiate empfand?
Ja, es war möglich.
Das menschliche Dilemma in Form seines Spannungsverhältnisses zwischen der Sinnwidrigkeit der Welt einerseits und der Sehnsucht des Menschen nach einem Sinn bzw. sinnvollem Handeln andererseits ist meines Erachtens bisher von niemandem intelligenter beschrieben worden als von Albert Camus. Stets fühlte ich eine Art unsichtbaren Schleier der geistigen Verbundenheit mit dem viel zu früh verstorbenen Mann aus Algerien. Nichtsdestoweniger spornte mich seine „Philosophie des Absurden“ einst dazu an, einen eigenen, modernen Ansatz hinsichtlich Nihilismus und Existentialismus auszuarbeiten.
Ich schließe mit einem kurzen Gedicht, welches ich im Jahre 2006 aus Dankbarkeit verfasste:
Camus
Sinnlos ist unser Dasein
Des Wandelns hier auf Erden
So kriechen wir auf Beinen
Auf dass wir stetig sterben
Der Tod – so Epikur
Sei ein Problemfall nicht
Doch ist allein er nur
Der hält, was er verspricht
Zeit Lebens bleibt das Schicksal
Des Ausblicks ins Gewisse
Ein wahres Jammertal
Für Geistgewissensbisse
Einer beschrieb exakt
Den Laufstil jenes Hasen
Das Absurde steht uns nackt
Bevor in allen Maßen
Jeden Tag – so wusste er
Wagen wir den Schritt
Das Absurde zu verehren
Das unsren Sinn vertritt
Von Bedeutung ist letztendlich
Nur eine einz’ge Frage
Völlig unbedenklich
Tritt sie stets zu Tage
Wählen wir den Trieb
Zum Verfall nach der Geburt
Oder den Suizid
Beides ist absurd
Er öffnet euch die Augen
Lest ihn und versteht
Vielleicht werdet ihr’s nicht glauben
Wie nüchtern ihr verweht
Alle sind wir Sisyphos
Solch Zwang zwingt uns zum Glück
Der Text bohrt sich wie ein Geschoss
In euch und er zerdrückt
Manch Glauben an Hoffnungsdoktrinen
Die Kirchensekten in Träumen erschienen
(5/5)
(Diese Rezension erschien zunächst hier.)